Freie Fahrt für Kälbertransporteure – Höllenfahrt für Kälber

Bündnis für Tierrechte – www.xorga.org

Öffentliche Protestkundgebung
Wo: Vor dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz,
Kernerplatz 10, 70182 Stuttgart
Wann: Mittwoch, 17.02.2021, ab 10.30 h bis vorauss. 16.00 h

Warum: „Seit Jahren legen wir Dokumente vor, die belegen, dass Kälbertransporte über lange Strecken nicht gesetzeskonform durchführbar sind. Seit Jahren fehlt den Veterinärämtern die politische Rückendeckung, um solche Transporte zu verhindern“, sagt Iris Baumgärtner, Projektleitung Tiertransporte bei der Animal Welfare Foundation (AWF).

SWR-Recherchen aus dem Jahr 2020 belegen, dass Kälber auf rechtswidrige Weise über Umwege nach Spanien transportiert wurden, um sie von dort nach der Mast per Schiff in Länder des Nahen Ostens zu bringen.
Dort werden die Tiere zumeist unmittelbar nach der Ankunft auf grausame Weise ohne Betäubung geschlachtet. Der ARD-Filmemacher Edgar Verheyen hatte unlängst beweisen können, dass auch Kälber aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in libanesischen Schlachthöfen unvorstellbar grausam geschächtet wurden. Nun hatte zunächst das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen und schließlich der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim mit Beschluss vom 21.12.2020 den Erlass von Landwirtschaftsminister Hauk vom 10.12.2020, dass keine Kälbertransporte aus Tierschutzgründen mehr nach Spanien gehen sollen, wieder gekippt. Das bedeutet: Hilflose, verängstigte Tierkinder müssen wieder auf diese gnadenlosen Höllenfahrten nach Spanien! Der Mannheimer Strafrechtsprofessor Jens Bülte ist der Ansicht, dass sich alle Beteiligten im Grunde einig sind, dass es keine Fahrzeuge gibt, in denen die Kälber tierschutzkonform transportiert werden können. Deshalb leuchtet nicht ein, so Bülte, dass der VGH trotzdem beschlossen hat, dass die Kälber wieder nach Spanien müssen. Offenbar waren die Entscheidungen der beiden Gerichte eine willkommene Steilvorlage für Herrn Minister Hauk: Er gab am 1.2.2021 einen neuen Erlass an die Veterinärbehörden heraus, in dem es z.B. rechtlich nicht mehr relevant ist, ob die Kälber in den Transportfahrzeugen getränkt oder gefüttert werden. Folglich braucht es kein Fahrzeug mehr, das Kälber angemessen versorgt!

So einfach ist die Welt des Herrn Minister! Und: „Mangels Versorgungsmöglichkeit von nicht abgesetzten Kälbern auf den derzeitigen Transportfahrzeugen, gewinnt die Stelle (Versorgungsort), die spätestens nach 9 Stunden angefahren werden muss, eine erhöhte Bedeutung, denn dort muss jedes einzelne Tier während mindestens einer Stunde mit Flüssigkeit zur Fütterung […] versorgt werden.“ Weiß der Herr Minister denn nicht, dass anstelle der einstündigen Fütterungspause mindestens vier Stunden veranschlagt werden müssen, damit die Kälber nach der Fütterung noch drei Stunden ruhen können, um nicht schwer zu erkranken? Das Friedrich-Löffler-Institut der Bundesforschungsanstalt für Tiergesundheit führte nach Art. 3 Satz 2 lit. a der EU-Tiertransportverordnung aus: „Eine wesentliche Voraussetzung für die Vermeidung von Verdauungsstörungen beim Milchkalb ist die Einhaltung einer Ruhepause nach Aufnahme der Milchmahlzeit. In einem Zeitraum von etwa drei Stunden erfolgt unter Ruhebedingungen im Labmagen eine enzymatisch bedingte Kaseinausfällung.“ Hat der Herr Minister keine Ahnung von der Physiologie der Kälber? Braucht man kein Sachwissen als Politiker, um Erlasse herauszugeben? Der ehemalige Tiertransport-Kontrolleur Dr. vet. Alexander Rabitsch ist der Ansicht, dass alle Transporte von nicht-entwöhnten Kälbern rechtswidrig sind. Er stellte fest, dass es oft sogar bis zu 33 Stunden (!!!) dauert bis Kälber, die nach Spanien transportiert werden, endlich richtig getränkt und gefüttert werden. Welche Qualen diese Kälber erleiden, können sich der Herr Minister und die Herren und Damen Richter*innen von Mannheim und Sigmaringen entweder aus mangelnder Empathie mit wehrlosen Mitgeschöpfen nicht vorstellen – oder es lässt sie einfach kalt. Viele dieser Kälber erholen sich gesundheitlich nicht mehr oder sterben durch diese nicht art- und altersgerechte Behandlung. Mit ungläubigen Staunen aber liest man im Erlass desweiteren: „Im Zulassungsnachweis des angemeldeten Straßentransportmittels muss die Tierkategorie „nicht abgesetzte Kälber“ […] nicht aufgeführt werden“.

Was tut die Politik und die Justiz nicht alles, um sich eine eigene Wirklichkeit zusammenzubasteln: Man lässt nun einfach die Bezeichnung „nicht-entwöhnt“ (das bedeutet, dass die Tierkinder häufig gerade mal zwei Wochen alt sind!) weg – und so gibt es keine ethischen oder rechtlich angreifbaren Bedenken mehr, diese vulnerablen Geschöpfe auf Höllenfahrt zu schicken! (Tatsächlich ist ein Kalb erst von der achten bis zur zwölften Woche entwöhnt!). Steffen Augsberg, Staatsrechtler und Mitglied im Deutschen Ethikrat hat recht, wenn er sagt: „Ich kenne jedenfalls kein Rechtsgebiet, in dem so heuchlerisch vorgegangen wird wie im Tierschutzrecht.“

Nein, wir haben kein Vertrauen mehr in Politik und Justiz!

Quellen:

– DJGT Stellungnahme /Schreiben an Herrn MP Kretschmann /Kälbertransporte aus Baden-Württemberg; Berlin, der 24.08.2020

– Gutachten Dr. Rabitsch zum Transport nicht entwöhnter Kälber

– Erlass MLR vom 01.02.2021

www.swr.de/swraktuell/baden-wu…

– Animal Welfare Foundation, Offener Brief an Agrarministerin Julia Klöckner

– Vortrag Dr. A. Rabitsch zu Kälbertransporten: www.youtube.com/watch?v=zOHrNK…

www.rnz.de/nachrichten/mannhei…

www.morgenweb.de/mannheimer-mo…

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Übersandt von:
Martina Patterson (16.02.2021; 11:24 Uhr)
pattersonmatpatt@gmx.net

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Veröffentlicht von „der fellbeißer“© ( www.fellbeisser.net/news/ ) am 16.02.2021
twitter.com/fellbeisser

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