Aktionsbündnis „Tiere gehören zum Circus“ – Pressemitteilung vom 04.09.2017

Offenbar soll am Montag, den 04.09.2017, eine Unterschriftensammlung gegen bestimmte Tierhaltungen im Zirkus an die im Bundestag vertretenen Parteien übergeben werden. Hierzu möchten wir wie folgt Stellung beziehen: Sofern mit dem Begriff „Wildtiere“ aus der Wildnis entnommene Tiere gemeint sind, deren Pflege deshalb die typischen Merkmale einer reinen Wildtierhaltung aufweist, gibt es im Zirkus in Deutschland in der Tat keine „Wildtiere“ oder „Wildtierhaltung“.

Richtig ist, dass im Zirkus regelmäßig auch Exemplare bestimmter wildlebender Tierarten, die sich aufgrund ihrer zoologischen Spezifika, wie z.B. Voraussetzungen des Lernverhaltens, als besonders geeignet für die Zirkustierhaltung erwiesen haben, gepflegt werden. Bei den exotischen Tieren gehören hierzu z.B. Großkatzen, Seelöwen sowie bestimmte in Deutschland eher ungewöhnliche Haustierrassen wie Lamas und Hauskamele. Diese Tiere wurden bis auf wenige verbliebene Alttiere, wie einzelne Elefanten, freilich nicht der Natur entnommen, sondern sind seit Generationen an den Kontakt mit ihren menschlichen Partnern gewöhnt. Die täglichen Erfahrungen unserer Tiertrainerinnen und -trainer sowie mehrere wissenschaftliche Studien, wie z.B. die Untersuchung von Immanuel Birmelin (1), zeigen, dass die Tiere auf die Verhaltensweisen, die sie in der Wildnis von sich aus zeigen, nicht unabänderlich festgelegt sind, sondern sich an ein Leben in menschlicher Obhut sehr wohl anpassen können. Ob eine Tierhaltung den Bedürfnissen der gehaltenen Art entspricht und die Tiere in dieser Haltung gedeihen, kann stets an objektiven Faktoren, wie der Lebenserwartung, der regelmäßigen Geburt und Aufzucht gesunder Nachkommen, einem entspannten und ausgeglichenen Verhalten etc. gemessen werden. In Bezug auf diese Faktoren ist die Zirkustierhaltung als eine sehr erfolgreiche Haltungsform zu bezeichnen, wovon die im Normalfall äußerst positiven amtstierärztlichen Protokolle in den Tierbestandsbüchern zeugen. Kürzlich bekräftigte ein Amtsveterinär in Neumarkt in einem Presseartikel, dass es keine Tierhaltung gäbe, in welcher diese ein höheres Lebensalter erreichten, als dies in der Zirkustierhaltung der Fall ist. (2)

Voraussetzung einer erfolgreichen Haltung ist des Weiteren eine tiergerechte Gehege-Einrichtung (Außengehege, Badebecken, erhöhte Liegeflächen, Beschäftigungsmöglichkeiten, Abtrennmöglichkeiten, Sichtschutz, Beheizungsmöglichkeit, etc.) sowie die verhaltensgerechte Beschäftigung der Tiere in den Proben und Vorstellungen. Hierzu hat die Bundesregierung Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben erlassen, die von allen Zirkussen eingehalten werden müssen. (3) Tiere im Zirkus leben im Gegensatz zu ihren Artgenossen in freier Wildbahn stressfrei von Seuchen, Waldbränden, Nahrungsknappheit, Verfolgung durch Fressfeinde sowie weiteren Negativfaktoren. In diesem Sinne stellt die Zirkustierhaltung eine gelingende und tierwohlorientierte Existenzweise für diese Individuen dar. Allerdings tritt auch bei Tieren eine Gewöhnung an eben jene positiven Aspekte der an die menschliche Zivilisation angeschlossenen Lebensweise ein, weshalb diese im Regelfall nicht einfach in die freie Wildbahn resozialisiert werden können. Wer heute die Tiere wildlebender Arten und in der Folge oft auch alle anderen Tiere aus dem Zoo oder Zirkus verbannen möchte, muss deshalb redlicher Weise auch erklären, was mit den Großkatzen, Lamas, Trampeltieren, Seelöwen und anderen Tieren denn geschehen soll und ob er gar die „mexikanische Lösung“ bevorzugt, wo infolge eines Tierverbots und fehlender Haltungsalternativen große Teile der Tierbestände euthanasiert werden mussten? Hiergegen würden sich die Tiertrainerinnen und -trainer sowie Tierpflegerinnen und -pfleger im Zirkus aufgrund ihrer Tierliebe freilich aufs Schärfste verwahren.

Diese Grundlinien zur Zirkustierhaltung werden von der jüngsten Rechtsprechung, den Entscheidungen der bundespolitischen Gremien sowie den Rückmeldungen des Publikums weitgehend geteilt: So entschied das Oberverwaltungsgericht in Niedersachsen in seinem Urteil vom 02.03.2017 sowie das Oberverwaltungsgericht in Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil vom 03.07.2017, dass Tierverbote im Zirkus aufgrund der grundrechtlich garantierten Berufsfreiheit der Tiertrainerinnen und -trainer rechtswidrig sind. Am 21.06.2017 lehnte der Umweltausschuss des Bundestags ein Verbot der Zirkustierhaltung erneut ab, da sich die gegenwärtige Regelungspraxis aus Lizensierung und kontinuierlichen Kontrollen als funktionsfähig erwiesen hat und ein Verbot einen überzogenen und unverhältnismäßigen Eingriff in die Zirkuskultur darstellen würde.

Nach wie vor ist der Zirkus nämlich einer der wichtigsten Bestandteile der Populärkultur in Deutschland: Im Jahr 2016 hatte der „Circus Krone“, der größte Zirkus Europas und der Zirkus mit den meisten exotischen Tieren, 1,1 Millionen Besucher, wobei neulich in Cham – d.h. einer einzelnen Gastspielstadt – 30.000 Besucher den Veranstaltungen beiwohnten. Ferner konnte vom Circus Krone eine Unterschriftensammlung mit über 51.000 Unterschriften allein aus Bayern sowie 59.400 Unterschriften bundesweit für den Erhalt des vollständigen Zirkus mit Tieren und gegen kommunale Verbote an den Bayrischen Landtag übergeben werden. Eine im Jahr 2016 vorangehende Sammlung gegen ein Wildtierverbot auf Bundesebene brachte es auf 34.700 geprüfte Unterschriften. Letztere Zahlen belegen, dass sich inzwischen viele Zirkusbesucherinnen und -besucher sowie andere interessierte Menschen mit den Sorgen der reisenden Tierlehrerinnen und -lehrer um die Zukunft ihres Berufs und die Erhaltung ihrer Tiere solidarisieren und es in Deutschland entgegen anderslautender Behauptungen eine gewichtige gesellschaftliche Gruppe gibt, welche Darbietungen mit den bewährten und beliebten Tieren, wie Großkatzen, Elefanten und Seelöwen im Zirkus sehen möchte.

(1) Siehe: Birmelin, Immanuel, Albonetti, Tessy, Bammert, Wolfgang J.: Können sich Löwen an die Haltungsbedingungen von Zoo und Zirkus anpassen? Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle 20. Jahrgang – 4 / 2013.
(2) Neumarkter Nachrichten vom 19.07.2017.
(3) BMEL: Gutachten für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen vom 04.08.2000.

Geschrieben von: Bernhard Eisel

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Pressekontakt:

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c/o Dirk Candidus
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E-Mail: presse@tiere-gehoeren-zum-circ…
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Aktionsbündnis Tiere gehören zum Circus (04.09.2017; 20:38 Uhr)
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Veröffentlicht von „der fellbeißer“© (www.fellbeisser.net/news/) am 05.09.2017
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