München, 28.07.2016: Die Delfinlagune im Nürnberger Tiergarten hat heute ihr fünfjähriges Jubiläum – Anlass zum Feiern gibt es jedoch aus Sicht der Wal- und Delfinschutzorganisation WDC derzeit keinen. Statt wie geplant auf 24 Millionen Euro beliefen sich die Kosten allein beim Bau der Lagune auf über 30 Millionen Euro. Bereits 2013 wurden erste Baumängel am Beton festgestellt. Nun soll die Lagune aufwendig saniert werden – eine Zumutung für die zehn Großen Tümmler, die derzeit in Nürnberg in Gefangenschaft leben.

Doch nicht nur bei den Kosten hat sich der Tiergarten verschätzt – der geplante Besucherzuwachs von 1,3 Millionen Personen konnte bei weitem nicht erreicht werden. WDC-Biologe David Pfender zur Finanzsituation in Nürnberg: „Die hohen Kosten müssen durch Eintrittsgelder refinanziert werden. Geht das Konzept nicht auf, trägt der Steuerzahler das wirtschaftliche Risiko, denn die Stadt hat für die Investition gebürgt. Letztlich fehlt das Geld aber für dringend notwendige Schutzmaßnahmen, beispielsweise zum Schutz von Walen und Delfinen in der Nord- und Ostsee.“

Da die Renovierungsarbeiten riskant sind, muss für die Delfine in Nürnberg zusätzlich ein Ausweichbecken saniert werden – knapp 1,2 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Falls bei den Bauarbeiten in der Delfinlagune etwas schief geht, können die Großen Tümmler dort und im Innenbereich der Delfinlagune untergebracht werden. Sollte im Ernstfall jedoch das gesamte Delfinarium 1 geschlossen werden, hätten die sieben Delfine im Delfinarium 2 nur noch ein Siebtel der Fläche zur Verfügung.

Die vom Tiergarten vorgeschlagene Option, sie im Ernstfall in ein anderes Delfinarium zu bringen ist ebenfalls fragwürdig, denn der Transport birgt hohe Risiken für die Großen Tümmler. Die Suche nach einem Ausweichort kann theoretisch Monate dauern – beispielsweise sollte Delfin Arnie schon im März in ein anderes Delfinarium gebracht werden, es konnte jedoch bislang keines gefunden werden, das ihn aufnimmt. Die Folge ist, dass er zum Teil isoliert von der Gruppe gehalten wird. Doch selbst wenn bereits Absprachen mit Delfinarien getroffen wurden, die Nürnbergs Delfine zeitweise aufnehmen, kann sich ein Transport aus logistischen Gründen verzögern.

Im Delfinarium Nürnberg sind vor allem die kahlen Wände und die geringen Beschäftigungsmöglichkeiten in der Lagune kritisch. In einem Becken gibt es Feuerwehrschläuche, mit denen sich die Delfine unter Wasser beschäftigen können sowie Plastikbälle an der Oberfläche. Dies reicht nicht aus, um die intelligenten Meeressäuger außerhalb der Trainingseinheiten und Vorführungen angemessen zu fordern und führt zu Stereotypien sowie fragwürdigem Sozialverhalten bei den Delfinen.

Jungdelfin Nami wurde am 31. Oktober 2014 um 2.25 Uhr geboren, wies jedoch um 9 Uhr bereits Kratzer rund um das Auge auf. Ab diesem Zeitpunkt wurde Nami wochenlang mit Antibiotika behandelt. Außerdem konnte WDC Biologe David Pfender vor Ort beobachten, wie sich ein Delfin ohne Kommando auf die Bühne legt (so wie beispielsweise auch Orca Morgan im Loro Parque). Dies ist ein unnatürliches, aber leider im Delfinarium nicht ungewöhnliches Verhalten.

Laut einer Stellungnahme des Veterinäramts stellen die Baumängel kein unmittelbares Gesundheitsrisiko für die Großen Tümmler dar. Somit sehen wir die Renovierungsarbeiten kritisch, denn diese werden die grundsätzlichen Haltungsprobleme nicht lösen können und bergen unnötige Risiken für die Delfine. WDC fordert, die Zucht zu beenden und die ständigen Transporte der Delfine gesetzlich zu verbieten.

Seit die Delfinlagune vor fünf Jahren eröffnet wurde, gab es neun Delfintransporte in und aus dem Tiergarten – ein Versuch, die Sozialstruktur in der Gruppe zu stabilisieren, jedoch mit einem hohen Risiko für die betroffenen Delfine. Nun sollen noch vor der Renovierung mindestens drei weitere Delfine aus Nürnberg in andere Zoos gebracht werden. WDC ist der Ansicht, dass Deutschland die Gefangenschaftshaltung von Delfinen endlich aufgeben muss – das Beispiel Nürnberg zeigt deutlich, dass Delfinarien keinen artgerechten Lebensraum darstellen können.

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Über Whale and Dolphin Conservation (WDC)
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Michaela Harfst (28.07.2016; 10:15 Uhr)
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Veröffentlicht von „der fellbeißer“© (www.fellbeisser.net/news/) am 28.07.2016
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