Der Sklavenhandel wurde erst im Jahre 1870 ganz beendet und erstreckte sich über einen Zeitraum von fast vierhundert Jahren. Dieses menschenverachtende und ausbeuterische System einst herrschender Kolonialmächte gehört zum Glück einer längst vergangenen Epoche an. Es waren die sogenannten Weißen, die sich das Recht gaben, Menschen mit einer dunklen Hautfarbe zu versklaven; Menschen, die sie als Wilde und minderwertig ansahen. Sie drangen in ihre Länder ein, trieben Handel mit den dortigen Stammesfürsten und kauften andere Menschen, um sie auszubeuten.
Doch der Sklavenhandel ist selbst in unserer aufgeklärten Zeit noch nicht verschwunden. Die heutigen Kolonialherren sind Vorstände bei Pharmakonzernen, Wissenschaftler, Politiker und Forscher, die in einem anthropozentrischen System verharren, das sich anmaßt, über andere Wesen auf diesem Planeten zu herrschen. Auch die Fluggesellschaft Airfrance ist ein Befürworter dieses Systems, denn sie weiß genau, welches grausame Schicksal all die verschiedenen Primaten erwartet, wenn sie erst einmal an ihrem Bestimmungsort angekommen sind.

Tierversuch mit Affe
© Foto: Animal Equality

Moderner Sklavenhandel wird mit Wesen betrieben, die uns in ihrer Art und ihrem Aussehen überhaupt nicht fremd sind. Die meisten Wissenschaftler, Forscher und Ärzte sind mit Sicherheit Befürworter von Darwins Lehre. Und eigentlich reicht ein Blick, um unsere Verwandtschaft mit den Affen zu erkennen. Ich frage mich, wie diese Forscher, die ihnen Gifte spritzen, den Bauch oder das Gehirn aufschneiden, nach einem Arbeitstag ruhig schlafen können, wenn sie in die hilflosen und entsetzten Augen jener Wesen geblickt haben, die uns Menschen so offensichtlich widerspiegeln und mit denen wir verbunden sind, ganz gleich um welche Art von Primaten es sich nun handelt.
Der Mensch hat im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte viele Irrwege eingeschlagen. Die Vivisektion ist einer der finstersten und die tierexperimentelle Forschung auch gleichzeitig einer der absurdesten: Wussten Sie, dass Skorpione von einem deutschen Wissenschaftler über zwanzig Jahre in den Weltraum geschickt wurden, um den Einfluss der Schwerkraft auf die Entwicklung der Tiere zu erforschen? Sie wurden auf einer Platte festgetackert und zusätzlich wurden ihnen Elektroden in die Augen, Beine und ins Gehirn gestochen.
Manfred Kyber, ein Schriftsteller der zwanziger Jahre, setzte sich mit einer Vehemenz für die Tiere ein, welche für die damalige Zeit bemerkenswert und außergewöhnlich war. Kyber nannte Tierversuche eine abendländische Kulturschande. Fast hundert Jahre sind seitdem vergangen, doch dieser Schandfleck ist größer und größer geworden, seine Ausmaße ins Ungeheuerliche gewachsen.
Wie können wir als Menschen erwarten, dass uns etwas wirklich heilt, wenn es mit dem Leid anderer Lebewesen verbunden ist? Dass Tierversuche nicht auf den Menschen übertragbar sind, sollte Dank Organisationen wie Ärzte gegen Tierversuche auch schon längst bei all den Pharmakonzernen bekannt sein. Ein Blick auf die Beipackzettel von Medikamenten reicht ebenfalls aus.
Eine Wissenschaft, die wissentlich Leiden schafft, ist unethisch, verwerflich und untragbar. Sie ist einer aufgeklärten Gesellschaft unwürdig, einer Gesellschaft, in der sich die meisten Menschen hierzulande gegen Folter und Todesstrafe einsetzen.

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© Foto privat

Die Verbrechen der europäischen Einwanderer an den Ureinwohnern des amerikanischen Kontinents wurden in dem Zeitraum, in dem sie begangen wurden, nicht als Verbrechen geahndet. Auch sie wurden vom Herrschaftsanspruch des „weißen“ Menschen gegenüber den sogenannten „Wilden“ gerechtfertigt. Erst später wurden sie offiziell zu den Gräueltaten der Geschichte gezählt und die Opfer als solche anerkannt. Nur, weil etwas zu einer gegebenen Zeit noch nicht von der Allgemeinheit oder einer Jurisdiktion als Verbrechen bezeichnet wird, bedeutet dies bei Weitem nicht, dass es sich nicht um ein solches handelt. Das deutsche Tierschutzgesetz „garantiert“ Tieren einen weitgehenden Schutz – laut Gesetzestext sind sie Mitgeschöpfe. Mitgeschöpfe? Lässt man Mitgeschöpfe unter dem Deckmantel fragwürdiger Wissenschaft sinnlos foltern und töten?
Als im Jahre 2004 die einer Folter gleichkommenden Behandlungen in dem amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo bekannt wurden, ging ein Aufschrei durch die Welt und durch die Medien. Wieso bleibt dieser weitgehend aus, wenn doch bekannt ist, dass Abermillionen von Tieren auf dem Altar der Wissenschaft gefoltert und geopfert werden?

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© Foto privat

Und mit welcher Berechtigung? Zum Wohle der Menschheit, der „Rasse“ Mensch? Wieso sollten Tiere für den Menschen leiden und sterben? Weil sie die „Wilden“ der heutigen Zeit sind, niedrige Kreaturen? Weil der Mensch „höher“ steht als das Tier, weil er die Krone der Schöpfung ist oder ein vernunftbegabtes Wesen? Mit Vernunft haben Tierversuche wenig zu tun und die Unterschiede zu dem Wesen Tier, deren sich das Wesen Mensch so gerne rühmt, haben im Verlauf der Menschheitsgeschichte nicht nur Gutes hervorgebracht. Tiere haben keine Atomwaffen erfunden, sie foltern andere Tiere nicht oder züchten sie und halten sie in Gefängnissen.
Das Wesen Tier leidet genauso wie das Wesen Mensch, den vermeintlich gerechtfertigten Unterschied und die Begründung, warum sie leiden müssen, erhebt in diesem Fall allein der Mensch: Was und zu welchem Zeitpunkt ein Verbrechen ist, wird vom Menschen definiert.

Während zufriedene Urlauber mit Air France zurück in ihre Heimat fliegen, müssen unschuldige Wesen zwangsweise ihre Heimat verlassen und einem grausamen, menschgemachten Schicksal entgegenfliegen. Welches Entsetzen muss so ein kleines Äffchen überfallen, wenn sich seine Transportkiste wieder öffnet und es in einen Käfig gesteckt wird, aus dem es nicht entkommen kann. Der in einem Labor steht, wo es das Leid seiner Artgenossen mit jeder Faser seines Körpers wahrnimmt. Welches Grauen und wie viel Angst muss es spüren, wenn die ersten Testversuche oder Operationen beginnen. Und irgendwann … die Hoffnungslosigkeit, das Wissen, dass es kein Entrinnen aus diesen Qualen geben wird und die einzige Freiheit, die es sich noch wünschen kann, der Tod ist.

Prison
© piqs.de Marcel Malleike

Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht, Sie kennen diesen Satz, der Berthold Brecht zugeschrieben ist – Der friedliche Widerstand gegen das Unrecht an den Tieren, dem sich immer mehr Menschen anschließen – das ist Hoffnung, das sind Sie, all die Menschen, die sich heute hier versammelt haben, um gegen diese moderne Art der Sklaverei und todbringender Ausbeutung zu protestieren. Hoffnung ist auch, wenn man liest, dass selbst China Southern Airlines keine Affen mehr transportiert. Hoffnung, das sind all die Menschen mit fühlenden und sehenden Herzen, denen die Qualen der Tiere nicht gleichgültig sind und die mit ihnen leiden. Hoffnung, das ist eine Organisation wie Ärzte gegen Tierversuche, die sich unermüdlich mit wissenschaftlich fundierter Aufklärung gegen den schrecklichen Irrglauben der Vivisektion einsetzt und die Kampagne Stop Vivisection. Hoffnung, das sind Aktivistinnen wie Katja und Claudia, die in dieser Woche in München vor den Tierversuchslaboren des „Rechts der Isar“ eine 48-stündige Mahnwache gehalten haben.

Dass all die unzähligen Verbrechen des Menschen an den Tieren eines Tages als ein Verbrechen im juristischen Sinne definiert werden, ist auch eine persönliche Hoffnung. Der Weg dorthin ist noch weit, aber es werden immer mehr Menschen, denen die Leiden unserer kleinen Brüder und Schwestern, wie Manfred Kyber die Tiere liebevoll genannt hat, nicht gleichgültig sind. Und hoffentlich werden es auch immer mehr Ärzte, Forscher und Wissenschaftler die sich für die Tiere einsetzen, damit dieses finstere Kapitel der Menschheitsgeschichte bald zu einem Ende kommt.

© Daniela Böhm
www.danielaböhm.com

4 Kommentare

  1. Die Tierversuche müssen aufhören, ich verstehe nicht wie grausam man sein kann. Und das schlimmste ist für mich wenn mich mein Sohn fragt warum wir Menschen das tun;( weil einige Menschen schlimmer als Tiere sind! Und die Genetik stimmt so wie so nicht, ich würde sagen nehmt doch kinderschänder für solche Versuche her.

  2. Wieder eine ganz großartige, zutiefst bewegende Rede von Daniela Böhm!
    Welch ein Engel für unsere Mitlebewesen!

  3. In vielen Teilen sicher ein äußerst wichtiger und unentbehrlicher Artikel über eine riesige Schweinerei (wobei ich nicht die Schweine beleidigen möchte!). Trotzdem habe ich eine Berichtigung: leider gab es die Sklaverei schon im Altertum und sie ist auch heute in vielen Ländern noch nicht vorbei! Ich denke, dass die schwierigste Aufgabe ja die ist, die Täter zu überzeugen, dass ihr Tun ein großes, unverzeihliches Unrecht ist und da sollten wir in den (richtigen) Artikeln keine unrichtigen Bemerkungen w.o. machen, die sie dann zum Anlass nehmen können uns zu diskreditieren. Sorry, aber ich dachte, ich weise mal drauf hin….. Ansonsten alles hervorragend und superwichtig!!

  4. Liebe Frau Nikolaides,
    Sie haben selbstverständlich recht, den Sklavenhandel gab es schon im Alterstum und auch heute noch werden Menschen leider ausgebeutet und sind regelrechte „Arbeitssklaven“, etwas, das mich immer mitten ins Herz trifft. Allerdings beziehe ich mich in der Rede, bzw. dem Beitrag auf den transatlantischen Sklavenhandel der Kolonialzeit und habe das in Bezug zu dem „Sklavenhandel“ mit den Primaten gebracht, der heute von der Fluggesellschaft Air France unterstützt wird. Das war das Bild, das ich vor Augen hatte, als ich den Artikel schrieb, natürlich verstehe ich, dass Sie als Leser sagen, den Sklavenhandel gab es ja schon lange vorher. Herzliche Grüße und Danke für Ihre Anmerkung, Daniela Böhm

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