Angesichts des Elends von Straßenhunden auf der ganzen Welt stellt sich in der heutigen Zeit mehr denn je die Frage über Sinn und Unsinn der Zucht von Rassehunden um des Profites willen. Speziell dann, wenn diese aus Ländern stammen, in denen es eine Überpopulation einheimischer Straßenhunde gibt.
Im Jahre 2011 wurde in China eine Tibetdogge für 1,1 Millionen Dollar verkauft. Und das in einem Land, in dem Millionen von Hunden für den Fleisch- oder Pelzkonsum auf grausamste Art und Weise getötet werden. Aber der Legende nach besaß Dschingis Khan eine Tibetdogge und Buddha ebenso und deshalb gelten diese Hunde in China als Statussymbol.
Der Rassismus, den der Mensch den Tieren auferlegt hat, klassifiziert sie in unterschiedliche Abstufungen und zeigt sich nicht nur bei der verallgemeinernden Einteilung in Haustiere und sogenannte Nutztiere. Nein, dieser Rassismus trifft auch ganz besonders den angeblich besten Freund des Menschen. Auf der einen Seite die Streuner, deren Leben nicht einmal einen Dollar wert ist und auf der anderen Seite die Rassehunde, für die oft Unsummen bezahlt werden. Das ist absurd und Rassismus in reinster Form – übertragen auf die Hunde. Würde ein aufgeklärter Mensch heute sagen, dass das Leben eines Kindes aus dem Kongo oder Indien weniger wert oder schützenswert sei, als das eines Kindes aus England oder Deutschland? Nein, ganz sicher nicht, denn dann wäre er ein erklärter Rassist. Aber genau das ist es, was den Straßenhunden auf der ganzen Welt widerfährt und ihnen ihr Leben kostet, auch durch die Tatsache, dass ein Zuchthund einem Streuner vorgezogen wird. Wie viele liebenswerte Seelen suchen dringend ein Zuhause und könnten vor der Tötung gerettet werden, wenn sie jemand adoptieren würde, anstatt einem sogenannten Rassehund den Vorzug zu geben. So aber werden die Straßenhunde zu Leidtragenden eines menschgemachten Rassismus.
Unzählige rumänische Hunde sind Opfer entsetzlicher menschlicher Gewalt geworden. Natürlich, die Medien und Politiker haben den tragischen Tod des kleinen Jungen im Herbst 2013 instrumentalisiert und verfälscht, das wissen wir mittlerweile. Und sicher, Rumänien ist ein armes Land und hat eine Überpopulation an Straßenhunden. Rumänien hat es aber seit Jahrzehnten versäumt, gezielt Kastrationsprogramme umzusetzen, die einzige Möglichkeit, eine Überpopulation von Straßenhunden einzudämmen. Anstatt endlich zu handeln und sich wirklich zu kümmern, agieren Verantwortliche oder Politiker blind in ihrem Tun und ohne Herz, sind mit mafiösen Strukturen verstrickt oder selbst ein Teil davon – allen voran Bancescu, der Chef der ASPA, der im Februar dieses Jahres absurde Pauschalanschuldigungen gegen ausländische Tierschutzorganisationen von sich gegeben hat.
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Wären Straßenhunde eine schützenswerte Art, so wären viele rumänische Hunde noch am Leben. Gäbe es in Rumänien eine Überpopulation von Yorkshire Terriern oder irischen Settern, hätten diese Massaker nicht stattgefunden. Diese Rassehunde wären gehegt und gepflegt und dann für viel Geld verkauft worden. Aber mit dem Tod von Hunden lässt sich in staatlichen rumänischen Tierheimen bekannter Maßen auch Geld verdienen.

Nicht nur der Rassismus, sondern auch der Speziesismus ist ein grundlegender Ansatz, der unendlich vielen Hunden in Rumänien, aber auch anderswo, das Leben gekostet hat und kostet – auf oft so grausame Art, dass man sich schämen könnte, der Gattung Mensch anzugehören. Der Speziesismus wird durch den anthropozentrischen Herrschaftsgedanken angetrieben und tritt die Rechte anderer mit Füßen. Dieses menschliche Denkmuster klassifiziert in besser und niedriger, mehr wert oder weniger, schützenswert oder nicht. Der Speziesismus regiert in den Köpfen vieler Menschen und mit erhobener Hand schwingt er sein Zepter bei den Politikern, ob in Rumänien oder anderswo. Brüssel ist eine Hochburg des Speziesismus. Dort sitzt eine EU-Regierung, die bis heute nicht in der Lage ist, in Rumänien einzuschreiten, weil es diesbezüglich kein übergreifendes Gesetz zum Schutz der Straßenhunde gibt.
Im Vertrag von Lissabon steht, „dass die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung tragen“ – etwas, das sich für mich angesichts von Abermillionen geschlachteter Tiere sowieso wie blanker Hohn liest. Weiter heißt es dann: „Bestimmte Aspekte des Tierschutzes fallen weiterhin in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten – z. B. der Einsatz von Tieren bei Wettbewerben oder die Vorgehensweisen im Zusammenhang mit streunenden Hunden.“ Die EU beruft sich im Fall von Rumänien also darauf, dass sie nicht eingreifen kann, weil sie keine Rechtsgrundlage dafür hat. Dann soll sie diese endlich schaffen! Sie schafft sie ja sonst auch für ziemlich unsinnig erscheinende Dinge.
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Doch auch in Rumänien gibt es viele Menschen, denen das Leid der Straßenhunde nicht gleichgültig ist und selbst Bürgermeister, in deren Städten oder Dörfern anders gehandelt wird. Auch viele privat geführte Tierheime kämpfen verzweifelt um die Hunde und ihr Überleben. Hier darf nicht ein ganzes Land verurteilt werden! Verurteilt werden muss aber ein gewissenloser Mob, der seine Wut an unschuldigen Wesen auslässt, verantwortliche rumänische Politiker und Behörden, allen voran die ASPA und eine EU-Regierung, die bis heute nicht in der Lage ist, einzuschreiten.
Wie wollen wir als Menschen eine friedliche Welt erschaffen, wenn wir nicht einmal in der Lage sind, in Frieden mit jenen zu leben, die über keine Waffen verfügen, die sich nicht wehren können, die nicht für sich sprechen können, jene, die zu den Schwächsten gehören, und deren wirkliche Bedürfnisse und Nöte nicht anerkannt werden. Die getöteten Straßenhunde in Rumänien stehen, wie viele andere Tiere auch, für eine Gesellschaft, die ihnen keinen gebührenden Respekt und Platz als Mitlebewesen auf diesem Planeten einräumt.
20150516_150359 Foto: privat

Es ist an der Zeit für ein Umdenken beim Menschen, es ist an der Zeit, dass er seine Alleinherrschaft aufgibt und sich stattdessen kümmert und bekümmert, dass es allen gut geht. Als vernunftbegabtes Wesen, das er sein sollte, trägt er vor allem eines: Verantwortung. Jedes einzelne Lebewesen ist schützenswert, ist mit einem naturgegebenen Recht auf Leben in diese Welt gekommen. Die Gattung Mensch hat dieses Grundrecht nicht allein für sich gepachtet.

© Daniela Böhm
wwww.danielaböhm.com

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