Die Sache mit dem Gaumensegel Teil I

Von Dirk Schrader

Manche Hunde haben es von Geburt an nicht so leicht: Im Verlauf ihres jungen Lebens merken die Hundehalter, dass ihr Liebling geräuschvoller atmet, total laut schnarcht und irgendwann wegen akuter Luftnot stehen bleibt: Das Brachycephalensyndrom – hauptsächlich zu finden bei der Französischen Bulldogge, dem Mops, der Englischen Bulldogge und manchen ihrer Kreuzungen.

Seit unendlichen Zeiten wird das Gaumensegel von versierten Tierärzten gekürzt: Narkose, kleine Chirurgie – das war´s. Die meist vorhandenen Ventilnasen werden geweitet (auch keine große Sache). Für die Mehrzahl aller Tierärzte allerdings ein wirklich unbeliebter Eingriff, weil eigentlich sau-gefährlich. Es kommt trotz aller Sorgfalt immer mal wieder zu Todesfällen nach der OP. Der Grund: Die Notwendigkeit eines ergänzenden Luftröhrenschnittes konnte nicht erkannt werden.

Aktueller Anlass ist die traurige Geschichte eines Französischen Bulldoggen-Rüden aus Rostock. Der kleine Hund quälte sich bis zu seinem vierten Lebensjahr mit Atemnot, zeigte eine ungewöhnliche Schlundenge und sein Kiefer konnte nicht richtig geöffnet werden. Er verstarb vier Stunden nach der OP – ausgerechnet in der Mittagspause – obwohl alle Tierärzte und Helferinnen ihn wach und ohne Atemnot gesehen hatten – kein Fall für die Notfall-Überwachung.

Herzstillstand wegen eingetretenen Sauerstoffmangels? Man hätte einen Luftröhrenschnitt setzen müssen.

Ein anderer aktueller Anlass ist die überaus erfreuliche Begegnung mit „Spike“, einem 5-jährigen Franz. Bulldoggen-Rüden aus Neustadt am Rübenberge in der Nähe von Hannover.
Die Besitzerin, Frau Alexandra K., berichtete, dass sie Spike in der Tierärztlichen Hochschule in Hannover wegen seiner Atemnot kürzlich vorgestellt hatte. Die behandelnde Tierärztin dort machte sich viel Mühe: „Spike“ wurde unter Narkose untersucht. Sein Gaumensegel sei ohne Auffälligkeit heißt es in dem Bericht – jedoch würde ein Tumor im Kehlkopfbereich seine Atemnot verursachen. Spike wurde als nicht-operabel eingestuft. Man riet zur Einschläferung.

Alexandra K. entschied sich gegen eine Einschläferung. Sie kam am 10. August 2011 nach Hamburg.
Spike wurde in Narkose gelegt, sein überlanges Gaumensegel mit Hoch-Frequenz-Chirurgie gekürzt und vernäht, seine Ventilnasen mittels Laser-Chirurgie geweitet. Den Tumorbefund im Kehlkopfbereich konnten wir nicht bestätigen. Spike hatte auch nicht die gefürchteten Choanenstenosen (Verwerfungen im Nasenraum).

Heute am 23.8.2011 berichtet uns Frau K., dass Sie mit „Spike“ Agility macht: Er atmet ungestört und bewegt sich vital und ungebremst.

Die Sache mit dem Gaumensegel – Teil II

Von Dirk Schrader

Wenn Französische Bulldoggen, Englische Bulldoggen oder Möpse im Welpenalter ihren verliebten Fans übergeben werden, sind sie wirklich sooo schnuckelig – mehr geht nicht. Loriot selbst hat mal gesagt: „Ein Leben ohne Mops ist möglich – aber sinnlos“. Das betrifft übrigens auch die oben genannte schnuckelige Verwandtschaft: Die Zahl der in den letzten Jahren geborenen kurschnauzigen Wunderhunde hat so gewaltig zugenommen, dass sie den Pudel nahezu vollständig aus dem Bild jeder Stadt verdrängt hat.

Ebenso gewaltig zugenommen haben die Operationen an deren zu langen Gaumensegel- von Hamburg bis Leipzig bis München – und zurück.

Besonders in der warmen Jahreszeit leiden die kleinen Kerlchen unendlich und ihre Herrchen und Frauchen sind sich leider meist nicht darüber im Klaren, was das „niedliche“ Geschnaufe wirklich bedeutet: Atemnot – zu wenig Sauerstoff. Stellen Sie sich mal vor, Sie müssten durch einen Strohhalm atmen … Nix gut, nein? Die Folgen des zu langen Gaumensegels, welches sich über die Öffnung des Kehlkopfes legt, sind nicht nur chronische Entzündungen des gesamten Rachenraumes, sondern auch der Luftröhre und der Bronchien – bis hin zu schwerer- auf Sauerstoffmangel basierender Herzerkrankung. Ein fataler Zyklus.

Wie gesagt- die Zahl der Operationen hat stark zu genommen. Das Problem dabei: Nicht selten wird die Gaumensegelkürzung so vorgenommen, dass Vernarbungen entstehen, die irgendwann das Atmen noch schwieriger gestalten. Dabei kommt es nicht selten zu einer Schlundverengung, die nicht leicht zu beseitigen ist.

In den vergangenen Jahren haben wir immer schon „Gaumensegel-OPs“ durchgeführt. Irgendwann benutzten wir dafür aber einen Laser und waren begeistert über die Leichtigkeit der OP-Ausführung. Gleichzeitig wurden die Ventilnasen der kleinen Hunde mit dieser Strahl-Technik beseitigt – sogar die äußerst unangenehmen Faltenbildungen im Nasen-Rachenraum, die Choanenstenosen werden bis heute mit dem Laser verdampft. Alles in Allem nichts Großes und auch nichts Besonderes – und kostenmäßig so einzustufen wie die Kastration einer Hündin.

Inzwischen benutzen wir für die Chirurgie in der Tiefe des Schlundes nicht mehr den Laser, sondern die HF-Technik (Hochfrequenztechnik), mit der völlig blutungsfrei jegliche dummerhaftigen Faltenbildungen und Tumorbildungen im Kehlrachenbereich und sogar in der Luftröhre risikoarm entfernt werden können – allerdings immer unter dem Schutzschirm einer möglichen Öffnung der Luftröhre von außen: es gibt leider immer wieder Fälle, die einen vorsorglichen Luftröhrenschnitt, das Stoma, notwendig machen. Dieses Stoma kann man nach 3 bis 4 Tagen wieder verschließen.

Wie man in den diversen „Mops- und Bulli-Foren“ nachlesen kann, ist ein heißer Kampf um die chirurgische Kürzung des Gaumensegels in Deutschland ausgebrochen. In der Tierärztlichen Bildungsstätte in Leipzig kostet eine OP zirka 3000 Euro – in Hamburg kostet sie seit Jahren komischerweise 300 Euro, was die Besitzer eines brachycephalen Patienten kirre macht – aber leider auch diejenigen lähmt, die das Geld nicht haben, um es nach Leipzig zu tragen. Und – es gibt die Trittbrettfahrer, die natürlich deutlich billiger sind als die Kollegen in Leipzig: man hört von OP-Kosten von „nur“ 1700 Euro, oder 1200 Euro – und so weiter. Tjö.

Ein Blick in die berüchtigte GOT bringt das Blut zur Wallung: Wenn das Gauemsegelkürzen mindestens 110 Euro und im dreifachen Satz (der nicht überschritten werden darf) zirka 365 Euro kosten kann – wieso ist dann die Narkose und das „Drum-Rum“ teurer als 1000 Euro?
Macht da eine gesetzliche Verordnung wie die GOT noch einen Sinn? Oder anders gefragt: Wo bleibt der Staatsanwalt?

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Veröffentlicht von „der fellbeißer“© (www.fellbeisser.net/news/) am 30.08.2011

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